Eine Fylgja (pl. Fylgjen) ist in der Kultur der nördlichen Reiche ein Schutzgeist weiblicher Natur. Die Wortbedeutung in der alten Sprache geht in Richtung “folgen, begleiten” und vielerorts spricht man von Fylgjen als Folgegeistern oder schlicht Begleitern.
Eine Fylgja ist ein personenbezogenes, scheues Wesen und offenbart sich meist nur ihrem Schützling. Gewöhnlich erscheint sie als Traumgestalt im Schlaf und nimmt die Gestalt einer jungen Frau an. Zeigt sich die Fylgja dem wachen Geist, so tritt sie in Tiergestalt auf, die dem Wesen des Schützlings entspricht und so ihre Verbundenheit aufzeigt.
Als Geisterwesen ist kaum etwas über ihre Herkunft bekannt. Man nimmt an, ausgehend von Überlieferungen und Geschichten, die sich bis heute verfolgen lassen, dass sich Fylgjen schon vor der Geburt an die Seele eines Kindes heften. Wie es dazu kommt, ist unbekannt, doch finden sich Berichte darüber, dass Kinder ihre Mütter als die “zweite Stimme” bezeichneten. Eine Anspielung auf die pränatale Kommunikation der Fylgjen.
Fylgjen besitzen einen eigenen Charakter und können von reinen Schutzgeistern bis zu neckischen Abenteurern reichen, die ihre Schützlinge in allerlei turbulente Ereignisse leiten. Allerdings verursachen sie niemals absichtlich Schaden oder Unglück. Spielerische Fylgjen offenbaren sich häufiger dem wachen Geist und führen ihre Schützlinge zu unbekannten Orten oder dorthin, wo eine wichtige Entscheidung getroffen werden muss. Gleichfalls bewegen sich Fylgjen im Freundeskreis ihres Schützlings und führen jene zu ihm, steckt dieser in Schwierigkeiten.
Es gibt Geschichten über Offenbarungen in ihrer menschlichen Gestalt, doch scheinen diese eher vager Natur zu sein und angesichts des teils schmuddeligen Inhalts zählt man sie allgemein zur Gattung der Unterhaltungsliteratur.
Der Bund einer Fylgja mit ihrem Schützling besteht für sein gesamtes Leben. Sterbende berichten von ihrem Totenbett, dass ihre Fylgja bei ihnen ist. Manche spenden Trost, andere beklagen das Dahinscheiden oder feiern die Erfolge des Lebens.
Manche Fylgjen scheinen nach dem Tod ihres Schützlings auf eines seiner Kinder überzugehen. Das geschieht nicht immer und es ist ungeklärt, wodurch dieser Sprung zustande kommt. Familienfylgjen, die über Generationen hinweg die Ahnen ihres ersten Schützlings begleiten, finden sich nur äußerst selten. Allein der Gedanke an einen solchen Schutzgeist beflügelt die Inspiration der Menschen und der Wunsch nach einem übernatürlichen Begleiter verlieh der Fylgja einen großen Platz in der kulturellen Entwicklung der nördlichen Reiche. So wird in manchen Gegenden stets ein zusätzliches Gedeck aufgetischt, um die Fylgja zu sich einzuladen und sie in der Familie willkommen zu heißen. Anderswo hat sich der Gedanke an einen wohlwollenden Geist in Tiergestalt so gefestigt, dass Kinder zu ihrer Geburt durch einen Seher ein Geistertier zugesprochen bekommen, in der Hoffnung, so einen Schutzgeist zu erwecken.
Manchmal übernimmt die Fylgja auch die Rolle des Fährmanns oder des Todes, der die Seelen der Verstorbenen in das Reich der Schatten begleitet und dort mit ihren Vorfahren vereint.
Auf neutraler Ebene lässt sich die Existenz einer Fylgja nicht bestätigen und es ist anzunehmen, dass viele Berichte über diese Schutzgeister Einbildungen sind, geschuldet durch Einfältigkeit, Konsum von Rauschmitteln oder anderweitig herbeigeführtem Delirium. Ebenso scheint es nachvollziehbar, dass die musischen Künste ihren Teil zur Bekanntheit und Charakterisierung der Fylgja beigetragen haben. Deshalb gilt die Fylgja insbesondere in gebildeten Kreisen als reine Kunstfigur.
Aufgrund ihres persönlichen Charakters und der daraus resultierenden Verschiedenheit der Gestalt, ist es nahezu unmöglich eine bildliche Darstellung zu finden, die der Fylgja gerecht wird. Man nimmt an, dass persönliche Präferenzen und Eigenschaften der Menschen Einfluss auf die Gestalt einer Fylgja haben. Zu belegen ist diese These jedoch nicht.
Die Kirche der heiligen Sieben nahm im Laufe der Zeit immer wieder Aspekte anderer Kulturen und Glaubensgemeinschaften in sich auf. So auch das der Schutzgeister, die es vielerorts in zahlreichen Varianten gibt. Die Fylgja als personenbezogenes Wesen fand insbesondere Beachtung. In den Schriften der Kirche findet man Bezug zu den Fylgjen, wenn von den “Aspekten” geschrieben ist. Diese Geister seien Teile der großen Macht und würden herausragenden Persönlichkeiten durch die Götter zum Schutz gegeben werden.